Unser Trainingsansatz

Das Trainingskonzept der Stahlakademien ist vielschichtig: Traditionell und modern zugleich, körperlich fordernd und mental anspruchsvoll. Hierzu schreibt Torsten:

„In meiner langjährigen Zeit als Lehrer für HEMA (Historical European Martial Arts“)  entstand eine Rekonstruktion von alter Kampfkunst, die versucht, so authentisch und kämpferisch wie möglich zu sein, ohne die Erfordernisse von Sicherheit und moderner Sportpädagogik zu ignorieren.“

Die Ausbildung in der Stahlakademie zum historischen Fechter dauert mehrere Jahre und beginnt mit dem Training am langen Schwert. Die Fechtkunst mit dieser großen, zweihändigen Waffe bildet die Basis für Liechtenauers Fechtkunst, an ihr werden alle wichtigen Grundprinzipien exemplarisch erarbeitet und routinemäßig eingeschliffen.
Die vier Säulen unseres Trainings werden nahtlos auf alle anderen Waffenkünste übertragen, die in der Stahlakademie zukünftig trainiert werden sollen.

Begonnen wird mit den biomechanischen Grundlagen des Schwertfechtens: der Fussarbeit, der nötigen Motorik, den Legern (dynamische Grundpositionen des Stils) den freien Häuen und Versatzungen sowie den grundlegenden Gesetzmäßigkeiten von Distanz, Timing und Druck. Stand- und Laufstabilität, Koordination und Körperkraft werden aufgebaut und fundamentale Bewegungsmuster gedrillt. Auch Sicherheits- und Falltraining gehören dazu. Die Wichtigkeit dieses Grundgerüstes ist gar nicht hoch genug einzustufen. Leider fehlt hier vielen historischen Schwertkampfvereinen die didaktische Erfahrung und man sieht oft, dass Fechter*innen zu früh mit dem Einüben komplizierter Stücke beginnen, bevor überhaupt die Grundlagen für ein effizientes Üben geschaffen sind.

Ein spannendes Thema, denn sind wir nicht alle ein Stück weit durch das moderne Zivilisationsleben geschädigt? Engagierter Schwertfechter*innen sollte auf lange Sicht anstreben, körperlich fit, idealerweise sogar athletisch durchtrainiert zu werden. Kraft und Kondition machen einen Kämpfer (und eine Kämpferin!) nicht nur „gefährlicher“, sondern erleichtern auch das Training, erhöhen dabei Konzentration sowie Lernfortschritt und minimieren vor Allem das Risiko von Sportverletzungen. Ein trainierter Körper ist die beste Sicherheitsinvestition! Die Stahlakademie bietet deshalb zusätzlich ein wöchentliches Fitnesstraining außerhalb des normalen Fechtbetriebs an. Torsten orientiert sich dabei an aktuellen Methoden aus der Kraftsport- und MMA-Szene und gestaltet das Workout nach dem HITT-Prinzip mit komplexen Eigengewichtsübungen. Da nicht alle Schwert-Fans bereit sind, derart viel Schweiß für sein Hobby zu opfern, ist dieser Teil der Ausbildung optional… wenn auch wärmstens empfohlen!

Manch einer mag sich wundern, warum das eigentliche Thema der Schule erst an dritter Stelle genannt wird, doch wir trainieren nach dem Motto: „Lieber langsam und richtig anstatt schnell und falsch“. Ist der „richtige“ Grundstein gelegt, kann der Schüler damit beginnen, Technik aufzubauen und sich unter unserer Anleitung mit den 12 Haupt- und (je nach Quelle) bis zu 40 Nebenstücken Liechtenauers zu befassen. Hier legt Torsten größten Wert auf ein möglichst korrektes Arbeiten nach den historischen Anleitungen. Er ist Purist in Fragen der Interpretation alter Kampftexte und achte sehr auf Quellentreue. Auf unterschiedliche mögliche Interpretationsmöglichkeiten der Texte und auf Querverweise zu anderen Kampfkünsten geht er ebenso ein wie auf Fragen und Anregungen.

Die Fechttechniken werden immer wieder in allen möglichen Modellsituationen, verschiedenen Geschwindigkeiten und Kombinationen gedrillt, bis ein Grundverständnis von Bewebungsablauf und Einsatz vorhanden ist.

Alle Technik zerbricht unweigerlich an der harten Realität, wenn Körper und Geist nicht an realistische Kampfszenarien gewöhnt sind. Das Kampftraing ist die letzte Stufe der Ausbildung als Fechter*in der Stahlakademie und auch eines ihrer primären Ziele. Erst wer sich mit guten Leuten im freien Gefecht messen kann, darf sich mit Fug und Recht als Fechter*in in den historischen Kampfkünsten bezeichnen.
Haben die Lernenden ein grundsätzliches Verständnis und die körperliche Basis für die Biomechanik des Fechten aufgebaut und sich darüber hinaus auch einen Grundstock an Technik zugelegt, werden sie vom Lehrer Stück für Stück an diese Herausforderung des freien Fechtens herangeführt und als Kämpfer*in aufgebaut. In kleinen Gruppen trainieren wir mit allerhand Drills, wie man die erlernten Fechtstücke unter Druck abrufen und auch gegen die unkooperativsten Gegner*innen effektiv einsetzen kann.
Viele Aspekte der Kunst, die beim Technik-Training nur ansatzweise vermittelt werden können, lassen sich hier, sozusagen unter Idealbedinungen, testen. Dabei stehen uns unterschiedliche Modi des freien Fechtens zur Verfügung. Das beginnt beim spielerischen Technik-„Sparring“ für Adepten, bei dem meist ein bestimmter Schwerpunkt der Lehre im Trainingsmittelpunkt steht… und endet beim -zwar freundschaftlichen, aber harten- Duell mit Stahlwaffen, das nur fortgeschrittenen Kämpfern*innen erlaubt ist und bei dem man alle Register bis hin zu Tritten, Faustschlägen und Ringen am Boden ziehen darf.

Die Kampfkunst unserer Ahnen ist ein weites Feld und bietet viel mehr als nur das Fechten mit dem Langen Schwert. Das ritterliche Ideal des Mittelalters war der Kämpfer, der in allen Waffengattungen gleichermaßen Meisterlichkeit vorweisen konnte: „Ringens gut Fesser Gleffen Spern schwerdt vnd messer. Manlich bederben, vnnd In andern henden verderben.“ reimt Meister Liechtenauer irgendwann Ende des 14. Jahrhunderts und zählt dabei fünf Waffengattungen auf, die man beherrschen müsse: Das Ringen, zwei verschiedene Stangenwaffen (Gleve und Speer), das Schwert (alleine hiervon kennen wir wiederum mindestens drei voneinander unterschiedene Künste: Das Lange Schwert, das Einhandschwert mit dem Buckler und das kurz gehaltene Schwert im Harnischkampf) und das Messer, also die einschneidige Hiebwaffe. Dazu kommen in vielen Quellen außerdem noch der Dolch, die Mordaxt und allerlei Exoten wie Stechschilde, Keulen,Dreschflegel, Sichel und vielerlei mehr.
Zum langfristigen Curriculum der Stahlakademie gehören auf jeden Fall, neben dem Langen Schwert als wichtigste Einstiegswaffe: die Ringkunst, der Dolchkampf, Schwert und Buckler, das Lange Messer sowie der Speer. Die Schüler der Stahlakademie sind dazu angehalten, neben „ihrer“ Lieblingswaffe weitere Waffenkünste zu erlernen. Werden einige der obengenannten Künste aktuell nicht im regulären Gruppentraining angeboten, kann Torsten exklusiven Einzelunterricht erteilen.

„Erschrickst du gern, kein Fechten lern‘!“

Johannes Lichtenauer zugeschrieben